Praktische Ideen von Profis: Kinderzimmer einrichten
Bettchen, Wickeltisch, Hochstuhl: Kleine Kinder brauchen zunächst nicht viele Möbel, nicht mal unbedingt ein eigenes Zimmer. Doch wenn der Nachwuchs älter wird, bekommt das Kinderzimmer eine neue Bedeutung. „Der große Moment, wo eine Veränderung stattfindet, ist das Einschulungsalter, in dem die Kinder sich selbst auch anders wahrnehmen“, sagt Katrin Dzenus. Als Innenarchitektin hat sie sich auf die Gestaltung familienfreundlicher Wohnungen und Kinderzimmer spezialisiert.
Vergleiche mit anderen Kindern spielen in diesem Alter demnach eine neue Rolle. „Bisher hat sie das Kinderzimmer gar nicht interessiert, aber auf einmal bekommt es eine Wertigkeit“, sagt Dzenus. „Und die möchten sie gerne auch ihren Freunden zeigen.“ Damit rücke auch die Optik des Zimmers stärker in den Fokus der Kinder - das bis dahin womöglich vor allem als Schlafplatz und Sammelbereich für Spielzeug gedient hat.
Gemeinsamen Nenner finden
Themenzimmer sind Dzenus zufolge derzeit groß in Mode: Wald, Blumen, Barbie, Fußball. Doch nicht immer stimmten die Vorstellung der Kleinen mit denen der Eltern überein. „Die sozialen Medien leben den perfekten Look vor und besonders junge Eltern möchten diese Gestaltungsvorgaben eins zu eins Zuhause nachempfinden“, sagt die Innenarchitektin.
Viele lassen sich etwa auf Instagram und Pinterest von aufgeräumten Kinderzimmerkreationen in Naturtönen, in Beige, Weiß, Creme, inspirieren. Kinder haben da erfahrungsgemäß oft andere Ideen, so die Expertin. Was also tun? Wie findet man Kompromisse? Wie gestaltet man Kinderzimmer, die Eltern und Kindern gefallen?
Für Katja Kessler, Interior Designerin und Mutter von vier Kindern, ist klar, dass der Geschmack des Nachwuchses bei der Gestaltung des Kinderzimmers eine große Rolle spielt. Zwar müssten Eltern nicht direkt jeden schnelllebigen Trend umsetzen, den das Kind auf Tiktok oder im Klassenzimmer aufgeschnappt hat. Aber gerade bei der farblichen Gestaltung des Zimmers könne man dem Nachwuchs ruhig entgegenkommen.
„Schließlich soll das Kind drin wohnen, nicht die Eltern“, sagt Kessler. „Und wenn es dann unbedingt Limonaden-Orange sein soll oder ein sattes Froschgrün statt Kinderzimmer-Hellblau, was die Großen gerne hätte, dann müssen die halt tapfer sein und dem Raum geben – im wahrsten Sinne.“
Farbauswahl begrenzen
Zu viel Auswahl - etwa bei der Farbe für die Wand - kann allerdings auch nach hinten losgehen. Wer selbst einmal vor Farbmusterkarten saß und angesichts der Fülle an Grüntönen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen konnte, weiß, wovon die Rede ist.
Einrichtungsberaterin Angelika Hinz rät daher: Kinder nicht mit zu viel Entscheidungsfreiheit zu überfrachten. „Mein Tipp wäre, dem Kind eine Art kuratierte Auswahl von zwei bis drei Farbtönen zur Verfügung zu stellen.“
Quietschbunte Töne, die man selbst nur schwer erträgt, von vornherein ausschließen - in die Auswahl vor allem die Farben aufnehmen, mit denen man einigermaßen leben kann. „Dann hat das Kind trotzdem das Gefühl, dass es mitentschieden hat, weil es eine Auswahl bekommen hat“, sagt Hinz. Und Sie selbst trauen sich auch noch ins Kinderzimmer.
Überhaupt sollten Eltern damit rechnen, das Kinderzimmer mehr als einmal umzustreichen, so Dzenus. Ihrer Erfahrung nach stehe das bis zum Auszug des Nachwuchses mindestens dreimal an. Bei Mädchen im Teeniealter seien der Innenarchitektin zufolge derzeit etwa graue Wände beliebt. Bei kleineren Mädchen eher das klassische Rosa oder ein helles Grün. Das Gute: So ein Neuanstrich lässt sich meist verhältnismäßig leicht bewerkstelligen.
Wand als kreative Fläche gestalten
Wer unter der normalen Wandfarbe an einem Teilstück Magnetfarbe aufträgt, schafft zusätzlich Raum für Kreativität – in Form einer unsichtbaren Magnetwand. „Dort kann ich dann alltägliche Dinge, die mir wichtig sind, oder Bilder, die ich gemalt habe, aufhängen, ohne sie groß in Rahmen zu packen“, sagt Dzenus. Ändert sich der Geschmack der Kinder, können sie das Bild oder Poster im Nu austauschen.
Gibt es keine Magnetwand, hat Einrichtungsberaterin Hinz eine andere Idee: Schnüre an der Wand befestigen - daran kann man auch selbstgemalte Bilder fix aufhängen und diese wieder leicht entfernen. So entsteht im Kinderzimmer ein Bereich, indem die „Lust am Kreativen und Haptischen angeregt wird“. Auch Tafelflächen sind hier eine Idee.
In jedem Fall sollte man Kindern einen großen Tisch zur Verfügung stellen. „Eine große Schreibtischfläche regt auch an, kreativ zu arbeiten und mal Stifte in die Hand zu nehmen und zu kneten“, sagt Dzenus. Während die Innenarchitektin höhenverstellbare Schreibtische für Kinder nicht unbedingt für notwendig hält, sei ein anpassbarer Schreibtischstuhl eine sinnvolle Anschaffung.
Auf flexible Lösungen setzen
Flexibilität steht Dzenus zufolge bei der Einrichtung eines Kinderzimmers immer stärker im Fokus. Möblierungskonzepte sollen Kundenwünschen nach nicht nur funktionieren, wenn das Kind sechs ist, sondern auch noch mit 16. „Und immer mehr höre ich den Wunsch, dass die Möbel so schlicht sind, dass die Kinder sie auch mitnehmen können, wenn sie ausziehen.“
„Mitwachsende Möbel“ - dieser Trend setzt sich derzeit fort, so auch die Einschätzung von Jan Kurth. Der Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie nennt Beispiele: So könne man das Babybett „mit wenigen Handgriffen zum Junior-Bett und später – je nach Modell – zum Basteltisch“ umwandeln. Und das „im Kindergartenalter nach wie vor beliebte Stelzenbett mit Rutsche“ lässt sich später in ein bodennahes Jugendbett umbauen.
Sinnvoll bei Betten ist es, darauf zu achten, dass auch Gäste darin genügend Platz haben. Stichwort „Sleepover“ - denn früher oder später bleiben am Wochenende auch mal Freunde über Nacht. „Die Erfahrung zeigt: Ein Bett zu haben, unter das du eine Matratze schieben kannst, ist enorm praktisch“, sagt Kessler. Möglich ist das etwa bei Hochbetten. Auch Betten mit ausziehbaren Unterbett kann man mit wenigen Handgriffen zum Gästebett erweitern.
Hinz findet zudem Spielsofas eine gute Idee. Sie bestehen meist aus einzelnen stapelbaren Matratzen, die man als Gästebeet umfunktionieren kann. Aber nicht nur das: „Damit kann man dann tolle eigene Sachen bauen, sei es ein Zelt, seien es verschiedene Turnlandschaften“, so die Einrichtungsberaterin.
Verstecke und Höhlen bauen
Das Bett kann noch mehr sein: ein Rückzugsort, eine kleine Höhle - und das wünschen sich Dzenus zufolge die meisten Kinder. Dieser Wunsch lasse sich einfach realisieren, indem man vor dem unteren Teil des Hochbetts oder an die Streben eines Himmelbetts Vorhänge anbringt. Alternativ eignet sich auch ein Zelt im Kinderzimmer als Versteck – einfach aufstellen und mit Kissen und Decken ausstatten.
Für Räume mit Dachschrägen bieten sich, Kessler zufolge, sogenannte Kojenbetten an. Dafür das Bett bis an die Wand der Dachschräge schieben und davor eine Blende mit Einstiegsöffnung setzen. Kessler nennt sie das Einflugsloch: „Du krabbelst durch und liegst wie in einem Nest. Das ist nicht nur cozy, das ist auch eine enorm smarte Platzoptimierung für Bereiche, in denen aufgrund der Raumschräge sonst nichts stehen kann.“
Licht schafft Atmosphäre
An einem sollten Eltern im Kinderzimmer übrigens nicht sparen: an guter Beleuchtung. Doch gerade die werde ihrer Erfahrung nach oft vernachlässigt, sagt Dzenus. Auch Kessler kennt das Problem und spricht Erfahrung: Dann baumelt gerade mal eine Lampe von der Mitte Decke und verbreitet von dort „eine müde Lichtsoße“.
Als Lösung empfiehlt Kessler stattdessen, zusätzliche Wandlampen anzubringen und mit weiteren Lichtquellen zu arbeiten. „Lichtketten machen so ein zauberhaftes Licht und sind dabei so unverschämt günstig, dass sie eigentlich in keinem Kinderzimmer fehlen dürfen.“
Von Jessica Kliem/ dpa